Erlass des BMUB zur Auslegung des reformierten Vergaberechts für die Vergabe von Bauleistungen
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit hat mit seinem an das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung – Bauverwaltungen der Länder – gerichteten Erlass vom 16. Mai 2017 zu einzelnen Auslegungsfragen des reformierten Vergaberechts für die Vergabe von Bauleistungen folgende wichtige Hinweise übermittelt:
Bei der Schätzung der Auftragswerte gilt auch weiterhin, dass Bau- und Planungsleistungen nicht zusammen zu rechnen sind, wenn die Vergabe getrennt erfolgt. Für die Berechnung des geschätzten Auftragswertes von öffentlichen Bauaufträgen sind neben dem Wert der Bauleistungen nur dann auch der geschätzte Wert von Lieferungen und Dienstleistungen zu berücksichtigen, wenn sie dem Auftragnehmer zur Verfügung gestellt werden und für die Ausführung der Bauleistung erforderlich sind. Die Voraussetzungen sind bei Planungsleistungen im Regelfall aber gerade nicht erfüllt. Sie werden gewöhnlich nicht dem Auftragnehmer zur Verfügung gestellt, sondern bilden vielmehr die Grundlage für die Erstellung der Leistungsbeschreibung in Form von detaillierten Leistungsverzeichnissen. Anders verhält es sich nur für den Fall, wenn Bau- und Planungsleistungen gemeinsam vergeben werden. Die geschätzten Auftragswerte sind dann wie bisher zu addieren. Auch bei der Bestimmung des geschätzten Auftragswertes bei der Vergabe von Planungsleistungen, die in mehreren Losen vergeben werden, ist die Rechtslage unverändert. Nur der Wert für Lose gleichartiger Leistungen ist zusammenzurechnen, wobei für die Gleichartigkeit der Leistungen die wirtschaftliche und technische Funktion maßgeblich ist. Sind Planungsleistungen anhand dieser Kriterien klar abgrenzbar, muss keine Addition erfolgen.
Im Weiteren entfällt der Vorrang des offenen Verfahrens, d.h. zwischen offenem und nicht offenem Verfahren besteht nach der neuen Rechtslage für öffentliche Auftraggeber Wahlfreiheit.
Für die Zulässigkeit des Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb ist gegenüber der Fassung in der VOB 2012 nunmehr „äußerste Dringlichkeit“ erforderlich. Hierbei handelt es sich um eine rein sprachliche Anpassung, nicht jedoch um eine Änderung der Rechtslage.
Die Regelungen zu Rahmenvereinbarungen haben erstmals mit der Vergaberechtsreform Eingang in die VOB/A gefunden. Rahmenvereinbarungen für Bauvergaben haben vorrangig praktische Relevanz für Unterhaltungsarbeiten. Es gilt das Gebot, dass die Leistung eindeutig und erschöpfend, nicht jedoch vollumfänglich beschrieben werden muss. Rahmenvereinbarungen können damit ein Instrument sein, um einen zukünftigen, bei Abschluss der Rahmenvereinbarung noch nicht abschließend definierbaren Bedarf abzudecken.
Künftig können öffentliche Auftraggeber Unternehmen nach den neuen Regelungen von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausschließen, wenn diese „eine wesentliche Anforderung bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt“ haben. Weiterhin wird jedoch vorausgesetzt, dass dies zu einer vorzeitigen Beendigung, Schadensersatz oder aber zu einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt hat.
Der Erlass beinhaltet zudem Hinweise zum Mittel der Nachweisführung bei der Eignungsprüfung. Auch nach der neuen Rechtslage wird der Nachweis der Eignung vorrangig durch die Eintragung in das Präqualifizierungsverzeichnis geführt.
Die Zulassung von Nebenangeboten kann ein hilfreiches Instrument für den Auftraggeber sein. Zu berücksichtigen ist jedoch die Behandlung von Nebenangeboten im Ober- und Unterschwellenbereich. Im Oberschwellenbereich muss sich der öffentliche Auftraggeber für die Zulassung von Nebenangeboten aktiv entscheiden und hier auch seine Mindestanforderungen klar formulieren. Im Unterschwellenbereich sind demgegenüber Nebenangebote grundsätzlich zugelassen; Mindestanforderungen sind nicht erforderlich.
Weitere Hinweise beinhaltet der Erlass zur Verpflichtung öffentlicher Auftraggeber, die Vergabeunterlagen ab dem Tag der Veröffentlichung einer Auftragsbekanntmachung unentgeltlich mit uneingeschränktem und vollständigem direkten Zugang anhand elektronischer Mittel zur Verfügung zu stellen. Weiterhin wurde der Submissionstermin in seiner bisherigen Form zugunsten einer elektronischen Mitteilung an die Bieter ersetzt. Die Anwesenheit der Bieter ist nicht mehr vorgesehen. Neu in der VOB/A ist, dass ein Angebot dann auszuschließen ist, wenn sich ein Auftraggeber die Vorlage von Erklärungen oder Nachweisen zunächst nur vorbehalten hat und der Bieter diese Erklärungen oder Nachweise auf Anforderung nicht innerhalb einer angemessenen Frist vorlegt.
Den vollständigen Erlass können Sie hier nachlesen.